31.07.2024

10.000 Einwohner in Sichtweite - ist die Gemeinde Plüderhausen bald eine Stadt?

Luftbild von Plüderhausen
Bild vergrößern
Luftbild von Plüderhausen

Es ist eine in Plüderhausen teilweise recht verbreitete Annahme, dass Plüderhausen mit dem Überschreiten der Schwelle von 10.000 Einwohnern automatisch zur Stadt wird. Im Folgenden erklären wir, warum dies jedoch nicht der Fall ist.

Die Einwohnerzahl der Gemeinde Plüderhausen beläuft sich derzeit (01.07.2024) auf 9.860. Das bisherige Allzeithoch wurde am 01.04.2024 mit 9.873 Einwohnern registriert. Ein Jahr zuvor zum 01.04 belief sich die Einwohnerzahl noch auf 9.765.

Da die Zahlen einer gewissen Schwankung unterworfen sind, ist es durchaus möglich, dass die Entwicklung in den kommenden Monaten wieder etwas rückläufig ist. Dennoch steht schon aufgrund der bereits beschlossenen Baugebiete und Bauprojekte fest, dass die Anzahl von 10.000 Einwohnern früher oder später erreicht bzw. auch recht deutlich überschritten wird.

Rechtliche Grundlagen

Nach der Gemeindeordnung kann einer Gemeinde auf Antrag die Bezeichnung „Stadt“ verliehen werden, wenn sie nach verschiedenen Kriterien wie ihrer Einwohnerzahl, der gegebenen Siedlungsform und etwa ihren kulturellen und wirtschaftlichen Verhältnissen ein „städtisches Gepräge“ vorweist (§ 5 Abs. 2 der Gemeindeordnung für Baden-Württemberg).

Zunächst müsste der Gemeinderat also den Beschluss fassen, beim Land Baden-Württemberg einen Antrag auf die Verleihung der Bezeichnung „Stadt“ einzureichen. Ein Automatismus zur Einstufung als Stadt ab der Einwohnerzahl von 10.000 besteht somit nicht. Zudem müssen weitere Voraussetzungen wie das Vorhandensein eines städtischen Gepräges erfüllt sein.

Was sind die konkreten Kriterien für die Beurteilung?

Tatsächlich ist die Anzahl von mindestens 10.000 Einwohner tatsächlich Bedingung dafür, dass ein entsprechender Antrag genehmigt werden kann. Darüber hinaus gibt es jedoch noch weitere Kriterien, die erfüllt sein müssen:

  • Der Hauptanteil der Einwohnerschaft muss auf ein im Wesentlichen geschlossenes Siedlungsgebiet entfallen
  • „städtischen Gepräge“ der kulturellen und wirtschaftlichen Verhältnisse
  • Industrie- und Gewerbebetriebe in maßgeblicher Zahl und Größe

Außerdem muss die Kommune in der Regel Mittelpunkt ihres Verwaltungsraums sein. Das heißt, sie muss für die umliegenden Gemeinden eine gewisse zentralörtliche Funktion erfüllen, etwa im Schulbereich oder bei der ärztlichen Versorgung.

Ob nach dem Überschreiten der Schwelle von 10.000 Einwohnern bzw. auch in Hinblick auf die mittelfristige Zukunft die aufgeführten Kriterien in ihrer Summe nach Ansicht des Innenministeriums erfüllt sein werden, ist mindestens fraglich.

Es gibt in Baden-Württemberg auch mehrere Kommunen mit über 15.000 Einwohnern, die nicht die Bezeichnung Stadt führen (etwa die Gemeinde Kernen im Remstal aus dem Rems-Murr-Kreis).

Ist Plüderhausen somit eher eine der kleineren Kommunen?

Die Spannweite bei den 1 101 Kommunen in Baden-Württemberg reicht von knapp 100 Einwohnern (Böllen im Landkreis Lörrach) bis rund 635.000 in der Landeshauptstadt Stuttgart.

Dabei weisen über 50 % aller Kommunen in Baden-Württemberg eine Einwohnerzahl von unter 5.000 vor. In Hinblick auf die Einwohnerzahl der 1101 Kommunen in Baden-Württemberg lag Plüderhausen im Jahr 2021 auf Position 275. Dies bedeutet, dass Plüderhausen (gerade noch so) zum einwohnerstärksten Viertel der Kommunen im Land zählt.

Im dichter besiedelten Rems-Murr-Kreis liegt Plüderhausen jedoch lediglich auf Platz 14 von 31. Dies zeigt, dass es im Land große regionale Unterschiede in Hinblick auf die Dichte der Besiedelung gibt.

Warum gibt es in Baden-Württemberg dann Städte mit deutlich unter 10.000 Einwohnern?

Dies hat historische Gründe. Das Stadtrecht war ursprünglich das kaiserliche oder landesherrliche Vorrecht, durch das ein Dorf zur Stadt erhoben wurde. Damit waren verschiedene Privilegien verbunden.

In der Gemeindeordnung des Landes Baden-Württemberg ist geregelt, dass die Bezeichnung „Stadt“ weiterhin von den Kommunen geführt werden darf, welchen diese Bezeichnung nach bisherigem Recht zugestanden ist.

Was ist der Vorteil bei einer Einstufung als Stadt?

Bei der Bezeichnung „Stadt“ handelt es sich lediglich um die Verleihung einer „kommunalverfassungsrechtlichen Bezeichnung“. Den Gemeinden wird von der Landesregierung gestattet, neben ihrem Namen die Bezeichnung „Stadt“ zu führen.

Im Gegensatz zu früheren Zeiten, in welchen das Stadtrecht mit mehreren Privilegien verbunden war (z.B. das Marktrecht oder etwa das Recht zur Erhebung von Zöllen), ist dies heute mit keinen besonderen Rechten verbunden. Somit ergeben sich dadurch auch keine greifbaren Vorteile für eine Kommune.

„Stadt“ ist heute also nicht mehr als eine bloße Bezeichnung einiger Gemeinden, was in den Augen von manchen Betrachtern jedoch eine Frage des Prestiges ist.

Was sind die finanziellen Auswirkungen von zusätzlichen Einwohnern?

Dies lässt sich nicht pauschal sagen, sondern hängt von ganz unterschiedliche Faktoren ab.  

Auf der einen Seite erhält eine Kommune für jeden Einwohner Mittel aus dem kommunalen Finanzausgleich sowie andere Schlüsselzuweisungen von Seiten des Landes oder des Bundes. Zudem erhöht sich mit jedem zusätzlichen Einwohner der Betrag, welchen die Kommune im Rahmen des kommunalen Finanzausgleiches pro Kopf erhält. Die sogenannte „Einwohnerveredelung“ bedeutet, dass ein zusätzlicher Einwohner dazu führt, dass die Kommune für alle ihrer Einwohner einen (etwas) höheren Zuweisungsbetrag pro Kopf im Rahmen des Finanzausgleiches erhält. Außerdem erhalten die Kommunen einen Anteil von der Einkommenssteuer ihrer Einwohner.

Auf der anderen Seite sind mit zusätzlichen Einwohnern in der Regel auch zusätzliche Ausgaben der Kommunen verbunden. So hat die Kommune beispielsweise zusätzliche Kinderbetreuungsplätze zu schaffen. Bei neuen Baugebieten kommen zudem die Investitions- sowie Unterhaltungskosten für die zusätzlichen Infrastrukturanlagen, wie Straßen und Versorgungsleitungen, hinzu.

Tendenziell lässt sich festhalten, dass sich die finanzielle Situation von Kommunen mit zusätzlichen Einwohnern, die im Rahmen von Nachverdichtungsprojekten gewonnen werden, eher verbessert. Gewisse Fixkosten der Kommunen, etwa für die Unterhaltung der Infrastrukturanlagen wie Straßen, Kanäle oder auch die Kosten für die Kläranlage verteilen sich dann auf eine größere Anzahl an Bürger.

Bei Neubaugebieten ist dies jedoch häufig nicht der Fall, wobei hier im individuellen Fall ganz verschiedene Faktoren zu berücksichtigen sind (etwa die Einwohnerdichte des Wohngebietes).